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Michelangelo Fortuzzi spielt in der Amazon-Prime-Serie “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” Benno, den Freund von Protagonistin Christiane. In GQ erzählt der 22-jährige deutsch-italienische Schauspieler, wie die Dreharbeiten zur Neuverfilmung der Drogenbeichte von Christiane F. abliefen und warum der Stoff auch im Jahr 2021, über 40 Jahre nach seinem ersten Erscheinen, immer noch relevant ist. ("Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" auf Amazon Prime: So gut ist die Neuverfilmung)
Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet? “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” ist als Buch und Film in Deutschland ja durchaus ein Begriff, seit das Buch 1978 erschienen ist. 1978 ist aber viel zu lange her, als dass du das selbst hättest erleben können.
Als klar war, dass ich die Rolle bekomme, habe ich versucht, alles aufzusaugen, was ich zu “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” finden konnte. Ich habe das Hörbuch gekauft und immer wieder angehört, zum Beispiel auch auf der Zugfahrt zu unserem Dreh in Prag. Ich habe mich generell sehr viel über Sucht informiert, das ist ja für meine Figur Benno wichtig. Die Zeit, in der “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” spielt, war für uns nur sekundär, weil uns von Anfang an gesagt wurde, dass Zeit nicht der wichtigste Faktor bei der Verfilmung ist.
Denkst du, dass der Stoff von “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” heute, 2021, gut 40 Jahre später, immer noch relevant ist?
Ja, sehr. Ich glaube, dass die Thematik vor allem in unserer Zeit nichts an Brisanz verloren hat, im Lockdown, in dem es nichts zu tun gibt, und Leute viel leichter in Sucht abrutschen können.
(Auch interessant: Leben im Lockdown – Was macht Corona mit unserer Psyche?)
“Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” erinnert in manchen Szenen an die Machart der “Trainspotting”-Filme von Danny Boyle. Waren denn die Filme eine Inspiration für dich und euer Team?
Ich glaube, unser Regisseur Philipp Kadelbach hat sich von vielen großen Sucht-Filmen inspirieren lassen und auch hier und da die ein oder andere Hommage eingebaut. Ich find das ja ganz gut, weil so holt er immer auch Vertrautes mit in die Serie – manches fällt sofort auf, anderes erkennen nur die Fans. (Interessant: Wirbel um “James Bond” – Regisseur Danny Boyle wirft hin)
In der Serie zeigt ihr sehr schnell, aus welchen Beweggründen Leute in den Drogensumpf abstürzen können. Was ihr dabei alle schafft –egal, bei welcher Substanz: Ihr lasst Drogen nicht sexy aussehen. Wie ist es euch gelungen, den schmalen Grat zwischen moralischem Zeigefinger und Drastik der Drogensucht darzustellen?
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Es gibt, besonders am Anfang, eine Faszination für Drogen, die vielleicht dann auch noch ansprechend und vermeintlich lustig aussieht. Sexy ist das nie, weil die Abstürze recht schnell recht deutlich gezeigt werden. Die sind sehr wichtig. Philipp Kadelbach hat diese Abfolge auch als Struktur benutzt: Zuerst denkt man, es wäre cool, aber dann – bam – doch nicht. Uns allen war sehr wichtig, dass wir Drogen in “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” nicht verherrlichen.
(Lesenswert: Amaryllis Fox im Interview: “Der globale Drogenhandel ist eine maximale Katastrophe”)
Wieso stürzt deine Figur Benno so ab wie er es in der Serie tut?
Benno sehnt sich nach Freiheit, die er seiner Meinung nach keinesfalls in Berlin finden kann. Er kann nie den Moment genießen. Er hofft immer, dass am nächsten Tag endlich etwas passiert, was ihm seiner Wunschvorstellung von Freiheit näher kommt. Dadurch dreht er sich einfach nur im Kreis: Wenn man immer nur sucht, kann man auch nicht finden. Irgendwann wird man vor lauter Schauen einfach blind. Und dann fällt man tief und dann ist es zu spät für alles.
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Ein kleines Detail, ein Hund, lässt Benno aus einer fast bürgerlichen Lebensweise tief in die Heroinsucht fallen…
Ja, es ist der Hund, den Benno plötzlich nicht mehr hat, und seine Freunde, die nach und nach den Drogen verfallen. Meine Figur hat keine Bezugspunkte mehr zu seinem bisherigen Leben und Angst, nach seinem Hund auch noch seine Freunde, die bereits auf einem anderen Level, dem Heroin-Level, sind zu verlieren. Er entscheidet sich bewusst für Heroin, um nicht allein, sondern bei seinen Freunden und auf ihrem Level zu sein. (Interessant: “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo”: Der erste Trailer zur neuen Serie auf Amazon Prime ist da)
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Wenn du, Michelangelo, heute Christiane und Benno etwas sagen könntest, was wäre das?
Ich glaube nicht, dass sie mir zuhören würden. Sie würden nicht denken, dass ich ansatzweise verstehen kann, was sie durchmachen und das tun, was sie tun, weil sie schon viel zu tief in der Drogensucht stecken. Ich würde sie aber gern fragen wollen, ob sie sich wirklich lieben oder ob die Welt, in die sie gerutscht sind, daran schuld ist, dass sie so aneinander hängen.
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Welche Szene war die schlimmste zu drehen?
Das waren alle Entzugsszenen. Man versetzt sich dann ja auch körperlich in den Zustand der Rolle und obwohl man nach Drehschluss versucht, das hinter sich zu lassen, ist das nicht leicht. Es sind nicht die körperlichen Auswirkungen, die man vom Set mit nach Hause nimmt, sondern die psychischen. Manches nimmt man einfach mit in sein Hotelzimmer, das kannte ich in diesem Ausmaß auch noch nicht von meiner bisherigen Arbeit. Zum Glück konnte ich immer meinen Vater, ebenfalls Schauspieler, anrufen und der hatte in diesen Situationen dann immer den richtigen Rat für mich.
Was ist deine liebste Szene in den acht Episoden von “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo”?
Die im Karussell: Das war eine wirklich schöne Nacht, als wir diese Szene gedreht haben. Und wir haben diese Szene alle gemeinsam gedreht, das kam dann eigentlich gar nicht so oft vor, dass wirklich die ganze Clique gemeinsam an einer Einstellung gearbeitet hat. Das hat Spaß gemacht.
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Weil wir wir uns so gut miteinander verstehen und hier gemeinsam drehen, mit Philipp Kadelbach reden und Späße machen konnten, hat diese Szene für mich eine ganz neue, besondere Energie. Das war eine der schönsten Drehnächte, die wir hatten. Gedreht haben wir übrigens von Sommer 2019 bis Februar 2020, wir hatten also Glück, vor Corona fertig geworden zu sein. Eine Woche später ging der erste Lockdown los.
Wie geht’s dir im Lockdown?
Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, aber jetzt hab ich mich gefasst. Ich habe mich im Laufe des letzten Jahres an der Schauspielschule in London beworben, weil ich das eigentlich schon immer wollte und mich meine Agentin dann überredet hat, das genau jetzt zu tun. Dass ich dort aufgenommen wurde, hat mich vielleicht davor bewahrt, mich allzu lost zu fühlen. Jetzt ist es gut, dass ich dort bin. (Interessant: Winter-Lockdown: Was wir von den Skandinaviern lernen können)
Wieso lohnt es sich, “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” zu schauen?
Die Serie zeigt recht eindrücklich die Faszination von Drogen, aber auch, wieso man besser die Finger von Drogen, vor allem von Heroin, lassen sollte.
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“Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” mit Jana McKinnon und Michelangelo Fortuzzi läuft ab dem 19. Februar 2021 bei Amazon Prime Video.
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